Liebe Freunde!
Ich habe mehrere Anfragen bekommen, mit weiteren Reisebericht-Infos nicht auf nächste Woche zu warten.
Daher werde ich die nächsten Berichte öfters schicken, damit alle, die wollen, das hier Geschehene gleich mitverfolgen können: Lesen, überfliegen, später nachschauen… – wie jeweils gewollt.
Div. Fotos und andere Berichte weiterhin unter https://www.erzdioezese-wien.at/blog/b10596.
Wenn es jemand nicht interessiert: Bitte um Verzeihung für die zusätzlichen eMails – bitte einfach löschen!
Wer’s lieber hat: Ich kann gerne Adressen für diese eMails aus dem üblichen Eli-Flo-Verteiler nehmen!
Liebe Grüße aus der Wärme!
Euer
Gerald
Update:
Philippinen-Reise 2016 – Bericht Gerald Gump
Fortsetzung Bericht Philippinen-Studien-Reise in Sachen Kirchenentwicklung
Sa, 23. Jänner – heute steht ein Kennenlernen der Insel am Programm. Mit großem Stolz zeigen uns unsere Gastgeber/innen ihre Heimat; irgendwie scheint es ein stimmiger Vollzug, nicht nur „große theologische Vollzüge“ zu besprechen und kennen zu lernen, sondern auch „Land und Leute“ völlig untheologisch zu erleben. Eine erste wichtige Station war eine Kapelle mitten im Gelände einer großen Zuckerrohr-Fabrik – das Altarbild ist „the Angry Christ“ (der „Zornige Jesus“): Und es stimmt: Es ist eine etwa 50 Jahre alte Kirche mit einem böse dreinblickenden Jesus als dominierendes Hauptbild. Im Gespräch mit dem Pfarrer kommt dies natürlich sehr schnell zur Sprache – er argumentiert, dass man in den Augen auch Liebe sehen kann, die haltenden Arme des Vaters drücken dies auch aus – und natürlich ist Jesus primär der Liebende & Zärtliche. Die Worte bleiben blass – wobei: Ich täte mir wohl auch schwer. Im Weitererzählen kommt auch zur Sprache, dass sein Vorgänger einige Jahre das Bild überhaupt abgedeckt hatte – ich verstehe es. Einerseits finde ich den Ansatzpunkt des „Angry Christ“ schon spannend: Abgesehen davon, dass Jesus (neben unzähligen leblosen, blutleeren und kitschigen Darstellungen) endlich einmal voll Kraft & Saft dargestellt wird, könnte es für mich schon ein tolles Symbolbild sein: Jesus, der angesichts des Unheils in der Welt, der Umweltzerstörung, der Gewalt, des Krieges, des Missbrauchs… zutiefst ärgerlich wird, ihn all dies nicht kalt lässt und er sich engagiert & emotional auf die Seite der darunter Leidenden stellt… – andererseits: Ich wollte nicht Sonntag für Sonntag in solch ein Jesus-Bild schauen…
Doch zur Schilderung der Gottesdienst-Situation durch den Pfarrer – am Sonntag helfen zwei in der Schule angestellte Priester mit; in der Pfarrpastoral ist er als Priester allein: Die Pfarre hat etwa 9.000 Katholiken mit vielfältigen „Chapels“ – Außenstellen. Früh morgens am Sonntag (ich glaube, es war von 6.30 Uhr die Rede) wird Eucharistie in der Pfarrkirche gefeiert – dann nehmen vielfältige Katechist/inn/en eucharistisches Brot in die Außenstellen mit und feiern dort am Ort Wort-Gottes-Feier mit Kommunionspendung. Und irgendwie scheint es eine halbwegs stimmige Lösung zu sein…
Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf: Sie haben einen Weg gefunden, mit der Situation möglichst gut umzugehen – gut so. Wort-Gottes-Feiern mit Kommunions-Spendung ist nicht so mein Ding – es hinterlässt mir den etwas schalen Beigeschmack, dass der Gottesdienst erst durch die Kommunion seinen Wert hätte – und gerade hier auf den Philippinen, wo das Wort Gottes (berechtigterweise) so hoch geschätzt wird, hätte ich auf eine andere Wertigkeit gehofft. Andererseits: Die Menschen erleben alltäglich (allsonntäglich), dass sie nicht „irgendwo hin müssen“, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern, sondern sie am Ort Glauben & Leben teilen (& feiern). Toll ist’s auch, eine große Gruppen von engagierten Gottesdienst-Leiter/inne/n zu haben, die das offensichtlich stimmig gestalten. Es gibt zwar eine detaillierte Textvorlage, aber: „Ich glaube, die meisten halten sich daran…!“ erklärt der Pfarrer! 😉
Vielleicht braucht unsere Kirche noch einige Zeit solche Behelfsformen, um den Schritt zu machen, dieserart Gottesdienst-Verantwortliche zu weihen. Es wäre die Chance, dass die mir so kostbare Sakramentalität unserer gerade katholischen Kirche sinnvoll gelebt (statt ausgelagert im Zentrum konzentriert gefeiert) wird.
Zum Schmunzeln anregender Schlusspunkt: Ein Plakat am Kirchenausgang: „How old is your Church?“ – Wie alt ist Deine Kirche? Penibel genau sind vielfältige Kirchen gelistet – klar von der 1. Zeile angeführt: „Kath. Kirche – gegründet 33 n. Chr. von Jesus Christus“ – und darunter andere Kirchen & Daten mit deren (natürlich nicht-jesuanischen) Gründern. Mit dem Verfasser möchte ich nicht über Ökumene im Geist des II. Vatikanums diskutieren müssen! 😉
Im Bus kommt die Rede auf die Arbeitsmöglichkeiten: Viele sind in der Zuckerrohr-Herstellung beschäftigt – 3 Monate Erntezeit und 9 Monate ohne Arbeit. Das heißt: Leben auf Pump – um dann wieder aufgenommene Schulden abzuarbeiten. Und einige Landlords nützen dies auch ungeniert aus – es gibt auch moderne Sklaverei…
Der Mittag läuft gemütlich in einem Thermen-Ressort – einige erklimmen einen Berg samt Wasserfälle (wo ich mir denke: Wenn der Mensch jetzt endlich die Seilbahn erfunden hat, warum soll ich…?), ich ziehe Schwimmen und Mittagsschlaf vor; schön, einmal auch einen ruhigeren Tag zu erleben.
Ein ganz anderer Eindruck am Nachmittag: Inmitten einer auf Umweltfragen spezialisierten Universität eine aus Abfällen erbaute Kapelle: alte Flaschen, Sand, Müll, Glassplitter, … einmal ein nicht-europäisch geprägter und sehr stimmungsvoller Kirchenraum. Ich erinnere mich an manche Afrika-Reisen, wo – ebenso wie hier – die meisten Kirchen im europäischen Stil sind. Ich empfinde, dass das Europäische doch als das Eigentlichere, das Kirchlichere und Höherstehende erlebt wurde – die heutige Kapelle zeigt: Es geht auch anders – sogar mit sehr beschränktem Material (die Kapelle ist ungemein stimmungsvoll – schöner als viele „prächtigen“)!
Dann Vorabendmesse in einer sehr voll besetzten Klosterkirche der Karmelitinnen: Die Liedtexte per Beamer projiziert, Abläufe und Umstände „… wie halt eine normale Sonntagsmesse“, alles sehr diszipliniert und geordnet. Während der Bibelstellen, Gebetstexte und Lieder sind vielfältige (für mein Empfinden sehr kitschige) „fromme Bilder“ eingeblendet. Mir gefällt die Idee grundsätzlich, wenn sie auch manchmal vom Mess-Geschehen eher etwas ablenkt. Die Bildauswahl widerstrebt mir: Beim Glaubensbekenntnis der herrschaftlich thronende Gott, der kitschig-leblose Jesus, … – meine Gottesbilder sind andere. Es zeigt mir aber neu, wie mächtig Bilder sind – sie vermitteln (oft unbemerkt) so viel. Danach gab’s eine Gespräch (durch’s Gitter) mit den Nonnen – und heim zum Abendessen.
In der abendlichen Austauschrunde ein interessantes Thema zusätzlich: Via Facebook wurde natürlich einiges gleich kommuniziert, geliked, gepostet usw. (es ist nicht meine Welt – ich kenne mich dort nicht aus). Und natürlich waren es weniger die Fotos der stundenlangen Gespräche und Diskussionen, sondern Sonnenuntergang, Buffet, gemütliche Runde usw. Einige berichten, dass dies auch ungute Reaktionen hervorgerufen habe: Warum überhaupt solch eine Reise, die urlauben eh nur, und das auf Kirchenkosten, … Eine spannende Frage, wie damit sinnvoll umgehen?! Eine „Nachrichtensperre“ wäre ein Blödsinn (wie auch unmöglich und unchristlich) – wir sind ja auch schließlich nicht für uns selbst da. Natürlich: Jedes Bild lässt sich missdeuten – aber andererseits: Es ist spannend, wie schnell heute Informationen in die Breite gehen – vor jeglichem „offiziellen“ Äußern oder Erleben von Ergebnissen, Folgen oder positiven Effekten des Erlebten für Diözese oder Pfarre. Und interessante Fragen: Ideal wäre, wenn alles lückenlos dokumentiert und fotografiert werden kann – auf der anderen Seite: Es würde zur künstlich-aufgesetzten Stimmung, wenn bei jedem Tanz, Überlegen, Nachdenken etc. 5 min d’rauf „die ganze Welt“ (einmal im Facebook publiziert ist nie mehr „einzufangen“) ein Foto von mir dabei sehen könnte.
Eine spannende, neue Herausforderung – vor 20 Jahren wäre das undenkbar gewesen. Ich persönlich beschließe, einfach weiterhin laufend „meine Leute“ zu informieren – schön, wenn ich gleich „am Weg“ Menschen in das mitnehmen kann, was mich bewegt und wo ich sehr hoffe, viele Impulse zum Wohle „meiner Pfarren“ zu bekommen, die wir dann gemeinsam überlegen, adaptieren und manches auch anwenden…
Sonntag – „Tag des Herrn“ (24. 1. 2016) und wirklich ein weiterer, sehr schöner hier: Wir leiten ihn schon am Vorabend mit der oben erwähnten Messe ein.
Wir starten – learning by doing – mit einem Bibel-Teilen zum Tagesevangelium, allerdings in einer quasi Hütte vor dem offenen Meer. Das Bibelteilen ist wohl für die meisten von uns vertraut – heute eine neue Methode: „3 RSS“ = 3 x read (lesen) – silence (Stille) – share (teilen). Wir lesen den Text – dann 3-4 Minuten Stille & Austausch; im ersten Durchgang mit der Anregung, einzelnen Worten/Sätzen/Gedanken nachzuspüren, beim 2. Durchgang mit der Frage, was mir Jesus mir persönlich sagt, bei der 3. Einheit die Einladung hinzuhorchen, zu welchem Handeln uns das Wort Gottes anleitet, was nicht durch Austausch, sondern Gebet abgeschlossen wurde.
Mir zeigen sich manche Stärken dieser Art des Bibel-Teilens: Durch das 3malige (und dafür kürzere) Stille-Halten & Austauschen wird die Sache konzentrierter und persönlicher, als wenn’s „in einem“ (wie sonst oft üblich) wäre; es ist ein von Schritt zu Schritt tiefer Gehen, persönlicher Werden. Auch ist wohl eine 3fache und dafür kürzere Stille für einige einfacher.
Die Begleiterin führt zu dieser Methode drei Variationen an: im 3. Durchgang lässt sich einfach im Gebet austauschen, konkrete Vorhaben sammeln, wie auch eine Kombination aus beidem. Die konkreten Vorhaben sind natürlich bei Gruppen eine Chance, wo nach regelmäßiger Zeit auch gemeinsam zurück geblickt werden kann, was aus den Vorhaben geschehen ist: Bibel, die ins Leben greift!
Bibelgespräche sind mir vertraut, Bibelteilen auch – und doch ein neuer Impuls, in diesen einfachen Wegen die Bibel noch mehr als Grundlage für Gruppentreffen oder Besprechungen her zu nehmen, und so einfach.
Nach einer Pause folgt ein dichter Studientag – 3 aus dem Bukal-Team referieren verschiedene Momente der Kirchenentwicklung. Father Marc erzählt von einer persönlichen Kennenlern-Geschichte mit diesen Modellen – und der großen Parallelität zur Entwicklung eines Menschen von Kleinkind-Zeiten an. Je ein Team-Mitglied stellt ein Stadium vor, Momente kirchlichen Lebens, die mir allesamt bekannt sind, wo es aber dennoch gut tut, sie einmal in einem kompetenten Kreis gemeinsam anzusehen:
Phase 1: versorgte Kirche:
Ein klassisches Kirchenbild: Alle(s) ist (sind) auf den Priester konzentriert – und (nur, wenn überhaupt) mit ihm in Kommunikation. Der Pfarrer steht auf einem gewissen (imaginären) Podest. Wer Probleme hat, geht zu ihm – zu wem auch sonst. Das Modell funktioniert – na klar, doch verlangt es viel vom Pfarrer und eröffnet nur sehr eingleisige Potentiale; aber: „Die Welt ist in Ordnung“, alles ist unter Kontrolle und gut versorgt. Letztlich ist’s egal, ob die Rolle ein Pfarrer, die Gemeindeschwester oder ein engagierter „Kirchenvater“ einnimmt: Es ist die Haltung des Versorgens. Und es hat auch viel Einfaches: Wenn eine(r) verantwortlich ist, gibt’s auch klare Zuständigkeiten, wenn was schief geht… Es gleicht der Situation von kleinen Kindern, die unhinterfragt versorgt werden.
Phase 2: Kirche der Helfer
Auch, wenn das Bild unübersichtlich wird: Grundsätzlich geht es verwandte Wege. Der Priester sendet einen kleinen Kreis von Engagierten aus (bei uns wohl „Hauptamtliche“), welche die „verlängerten Arme des Pfarrers“ (Papst Pius XII) sind – es wird geholfen, wo es nötig ist; doch letztlich bleibt die Verteilung der Verantwortlichkeiten gleich, nur breiter aufgestellt. Es geht weiter um Bedarf und Hilfe, das Defizit ist der Ausgangspunkt. Die typische Frage: Herr Pfarrer, kann ich Ihnen helfen?! Der Priester bleibt der eigentliche Inbegriff der Kirche, wenn auch manches professioneller und intensiver geworden ist.
Doch: Was passiert, wenn es sich nicht mehr ausgeht? Wenn es sich zeigt, dass das System nicht mehr passt, vieles offen bleibt?
Phase 3: die erwachende Kirche:
Die Fragen werden drängend:
*) „Was heißt es, heute Christ zu sein?“
*) Wie verbinden wir Glauben und Leben? Was heißt unser Glaube z. B. angesichts der Flüchtlingssituation?
*) Dagegen: „Warum Sorgen machen?“ Es ist dafür der Bischof / Rom / der Pfarrer / … zuständig; die Fragestellungen gehen auseinander…
*) Warum tue ich mir das überhaupt an? Passt diese Form von Kirche für heute?
*) „Was ist meine Rolle“ – als Pfarrer, als Mitwirkende/r?
Es wird konfus, verwirrend, nicht einfach auszuhalten; das „Kind“ kommt in die schwierige Phase der Pubertät: schwierig für alle Beteiligten, aber doch unverzichtbar. Und: Es hat „Pains“ (Schmerzen) und „Gains“ (Gewinne) zur Folge:
Pains der Leader (Leitenden):
*) Bedeutungsverlust, Identitätskrise, Machtverlust, Einsamkeit
*) „Ich bin schuld, dass es nieder geht, weil ich’s nicht schaffe…“
*) alles zerfällt – und genau ich sollte ja Einheit/Miteinander sicherstellen…
… wie Eltern, wenn Kinder in die Pubertät kommen.
Nicht selten hat es die Flucht in Parallel-Welten oder Verleugnungen zur Folge.
Gains der Leader:
*) Ich kann jetzt auch Schwächen zulassen – ich muss (kann/brauch) nicht (mehr) „allwissend“ sein
*) Entlastung, weil ich eh nicht mehr alles schaffe, weniger Druck
*) Akzeptanz der eigenen Schwächen
*) Freude: viele reden/überlegen zum ersten Mal über Kirche… – es ist ihnen nicht egal!
Aber: Der Gewinn ist nicht einfach zu sehen…
Pains der Laien:
*) Wir werden weniger…
=> Überforderung – Was sollen wir nicht noch alles tun?
=> Rückzug: Weil’s mir zuviel ist
*) Es gibt so viele Fragen (in Kirche, aber auch heute in unserer Welt)
*) schmerzvolles Erleben des Grabens: Das Kirchliche hat mit Leben nichts mehr zu tun
*) Rückzug in eigene Milieus (Gefahr, aber auch Überlebensstrategie); unsere heutige Medienwelt macht es leicht (im Kreis gleichorientierter „Freunde“ im Facebook, vorgefilterte Google-Auswertungen… – ich werde laufend Bestätigung finden!
*) Gefühl: Wir sind wenige geworden – die Kraft des größeren Miteinanders fehlt
… und noch dazu wird unsere Kirche immer bedeutungsloser
Gains der Laien:
*) größere Selbständigkeit – dadurch näher am (eigenen) Leben dran
*) sie beginnen, Fragen zu stellen, diese auszudrücken, …
*) Gemeinschaften sind kleiner – und dadurch auch tragfähiger
Die Pubertät ist unangenehm, aber unverzichtbar; in der Kirchenentwicklung kann sie zum Sprungbrett der Weiterentwicklung werden – oder zum Zurückfallen anregen: Gehen wir in die alten Systeme zurück…; wo dies geschieht, ziehen sich die Menschen zumeist zurück, die Pasta passt nicht mehr in die Tube!
Und: Viele von uns erkennen augenblickliche Kirchen-Situationen hier wieder.
Ohne Gott, als reine Organisation wäre hier der Zusammenbruch logisch – aber: Es spielt eben noch jemand anderer mit: In aller Krise erwacht Neues – Tod & Auferstehung!
Phase 4: Kirche der Dienste
Statt einer Person steht eine ganze Gruppe in der Mitte, vielfältiges Leben entsteht, dezentralisiert, aber verbunden. Die Umrisse des Auferstandenen (hoffentlich nicht der Schatten des Pfarrers) zeigen sich in den vielfältigen Gruppen. Viele wissen sich berufen, aktiv Kirche zu leben – mitzugestalten. Es sind Momente, die jedem von uns durchaus bekannt sind – wenn Auferstehungserfahrungen aufblitzen, bei uns selbst, oder noch mehr im Miteinander von Gruppen, Gemeinden und Alltagsvollzügen der Pfarre.
All dies ist das Bewusstsein des Auferstandenen existentiell – und dies wächst nur, wenn manche vorherige Erfahrungen (oft leidvoll) durchschritten wurden.
Die Menschen wissen sich nicht mehr als Helfende, sondern von Gott in den Dienst Gerufene. Wenn der Priester ausfällt, fällt nicht das System zusammen; denn: „Mein Auftrag, meine Berufung von Christus her bleibt!“.
Hier kommt in unsere Diskussionen plötzlich viel Energie: Die Darstellungen schematisieren, doch die Wirklichkeit holt dies bei weitem nicht immer ein. Diese Dynamik zeigt mir, dass wir in vielem wohl gerade an dieser Schwelle der Kirchenentwicklung stehen, aber zugleich natürlich alle 4 Kirchen-Momente unseren Alltag laufend prägen. Marc führt seine Erfahrungen aus: Genau hier braucht es tiefe Bildungsprozesse der Verantwortlichen – dies kann niemand allein bewegen, es braucht Freiräume, es gibt Grenzüberschreitungen. Stimmig erarbeitete und gefeierte Liturgie ist ein wesentlicher Schlüssel. Es braucht die laufende Erinnerung, dass Kirche unser Gemeinsames mit gemeinsamer Verantwortung ist.
Doch: Es gibt weiterhin eine „Zentral-Gruppe“, bei der die Fäden zusammen laufen, die Einzelgruppen laufen eher spezialisiert, Nicht-Involvierte („Fernstehende“) fehlen. Es wird spürbar: Das Modell ist reizvoll, anziehend – aber keine Endgestalt von Kirche.
Hier wird die Wirklichkeit der Philippinischen Kirche thematisiert: 80% der Bevölkerung sind eingetragen katholisch, 20% kommen am Sonntag zur Kirche, aktiv (involviert) ist aber nur 1%.
Aus diesem Hintergrund gab’s die Einigung der Bischofskonferenz, grundsätzlich den Weg der „BECs“ (siehe Bericht Donnerstag & Freitag) zu gehen.
Basic-Ecclesial-Communitys tragen 4 Kennzeichen/Kriterien:
1) Nachbarschaft (sei es 20, 50, oder auch 8-10 Familien); wichtig: sie darf nicht zu groß werden, damit persönliche Beziehungen möglich bleiben
2) Reflexion über das Wort Gottes; Bibelteilen ist ein zentraler Vollzug
3) Dienst: es muss Folgen haben… (in Schwechat haben wir es genannt: „… damit andere etwas davon haben, dass es uns als christliche Gemeinde gibt!“)
4) Verbindung zur größeren Kirche – Teil der Gesamtkirche (Leib Christi)
=> u. a. Eucharistie, Sakramente, Kurse, Vertretung im gemeinsamen PGR, …
Ein wesentliches Ziel: Erreichen der vielen, die nicht in der Pfarrkirche etc. präsent sind; Versuch, diese zu involvieren!
Daraus ergibt sich
Kirchenbild 5 – Gemeinschaft von Gemeinschaften
Im Mittelpunkt steht die Eucharistie-Gemeinschaft – kein Pfarrer, kein Team.
Gottes Wort inspiriert & drängt in die Welt, alle Getauften gelten als zugehörig – auch, wenn sie nicht zu den Meetings kommen. Der Pfarrgemeinderat setzt sich aus den Vertreter/inne/n der BECs zusammen – aber einzelne, die auf die Gesamt-Vision schauen, ergänzen das Team. Und – nicht unwichtig: Auch traditionelle Gruppen finden in diesem Miteinander ihren Platz.
Eine solche Kirche ist in Reinkultur kaum zu sehen, aber eine Vision, auf die es hinzuarbeiten gilt. An der Vision steht und fällt das Modell: Wenn viele davon träumen, kommt vieles in Bewegung.
Aus der zentrumsorientierten ist eine gemeinschaftsbasierende Kirche geworden – doch: Der Überstieg zu dieser Art ist weit schwieriger als der von einem der zuerst angeführten Phasen zur nächsten. Das Modell schafft offene Möglichkeiten, währen die Phasen 1-4 bald an ihre Grenzen stoßen.
Ich träume diese Vision gerne mit – aber: Wenn ich an Versuche in meinen bisherigen Pfarren denke, solche Gemeinschaften zu kreieren, Kirche so weiter zu führen – ich kann keine durchschlagenden Erfolge berichten. Die Zeit ist fortgeschritten – das Gehörte bewegt mich, der Gesprächsbedarf ist auch bei den anderen spürbar – doch: Marc beendet den Studientag aus Zeitgründen; und ich bleibe mit vielen Fragen zurück. Vielleicht ist auch die offen bleibende Frage Strategie des Teams, denn am Abend wurde natürlich intensiv weiter diskutiert und beraten…
Doch: Vor dem Abendessen noch eine „Gemeinschaftsliturgie“: Nach einem persönlichen Nachfühlen der 5 genannten Bilder stand die Einladung, jedem der 4 erstgenannten Phasen aus der eigenen Lebensgeschichte nachzugehen: Welche Bilder haben mich bewegt, wo ist das herabsehende Dominieren („Steig auf den Schemel – wo hast Du solches Herabblicken auf andere selbst gemacht; bring es vor Gott…“) Teil meiner Geschichte oder Gegenwart, welche Sehnsüchte begleiten meinen Weg mit Jesus – wo wünsche ich mir, neu von ihm angerührt zu werden… – eine Liturgie-Form in 4 Aktiv-Stationen, wie ich sie von unseren Schwechater „Echtzeiten“ gut kenne. Mit Vater unser und Segen endet der Tagesverlauf, beim Abendessen gehen die Themen weiter…
Fotos & Berichte von anderen: Siehe Blog https://www.erzdioezese-wien.at/blog/b10596.