„Quellen entdecken“: dieses Thema begleitet uns in St. Elisabeth schon die ganze Fastenzeit seit Aschermittwoch. Corona-Pandemie: Sie fordert nun schon seit mehr als einem Jahr die Menschheit insgesamt heraus. Beide, das Fastenzeitthema wie die Pandemie, werden nun auch den anstehenden Liturgien der Kar- und Ostertage ihr besonderes Gepräge geben: Ersteres, weil auch die Inhalte und Texte Anknüpfungspunkte für diese Fragen bieten, denen wir seit Aschermittwoch nachgehen: Wo sind die Quellen in meinem Leben? Und wo sind jene Wüsten, ist jenes Tote, das durch Sein Wasser neu belebt werden soll? Und Corona bietet schon durch die Notwendigkeit, die liturgischen Vollzüge sicher zu gestalten und die Feiern insgesamt eher kürzer zu halten, die Chance, Wesentliches deutlicher heraus zu stellen, mit mancher liebgewordenen Tradition zu brechen und dafür anderes neu aufzugreifen.
Der PALMSONNTAG stellt uns in einem einzigen Gottesdienst die ganze Spannweite des menschlichen Lebens Jesu vor Augen: vom Triumph des Einzugs in Jerusalem bis hin zur qualvollen Hinrichtung am Kreuz.
Wenn bereits heute, etliche Tage vor dem Karfreitag, der Passionsbericht aus dem Markusevangelium gelesen und meditiert wird, macht dies auch deutlich, dass wir nicht in die damalige Zeit zurückspringen, sondern vielmehr erinnernd und verstehend nachvollziehen, was vor fast zweitausend Jahren geschehen ist und bleibend Quelle unseres Glaubens ist. So ist der Gottesdienst des Palmsonntags nicht nur Auftakt, sondern zugleich auch Zusammenfassung der folgenden Karwoche.
Nachdem die ersten Tage der Hohen Woche nach St.-Elisabether Tradition ohne Eucharistiefeier, dafür aber mit so genannten TRAUERMETTEN, einem verkürzten Morgenlob, begangen wurden, beginnen mit dem Abend des GRÜNDONNERSTAGS die drei österlichen Tage. Wo weder Chor- noch Gemeindegesang möglich ist, greifen wir zum Gloria bewusst auf die musikalische Tradition der Kirche, den gregorianischen Choral, zurück; wo wohltuende Berührung unterbleiben muss, setzen wir uns in der berührungslosen Handwaschung ganz der Erfahrung des großzügig fließenden Wassers aus, um so in das Geschenk des Dienstes, den Jesus beim letzten Abendmahl an seinen Jüngern geleistet hat, einzutauchen.
Viel gewohnter, geradezu all-täglich ist freilich das zweite Geschenk geworden, das Jesus der Kirche an jenem Abend hinterlassen hat: das Sakrament der Eucharistie, das wir wie in jeder Messe, so auch heute feiern. Danach freilich wird der Altar nicht mehr benötigt: Nach altem Brauch wird der Altar entblößt, die Wüste der Verzweiflung Jesu wird spürbar – eine kurze Ölbergandacht mit offenem Ende beschließt unseren Abend.
Dem offenen Ende des Gründonnerstags entspricht der offene Beginn des
KARFREITAGS: eine Zeit des persönlichen stillen Gebets, der Vorbereitung auf das Gedächtnis des Leidens des Herrn, der Meditation und der Besinnung auf die eigene Existenz. Dem Wortgottesdienst mit der (leicht gekürzten) Passionserzählung nach Johannes folgen die (heuer unbedingt berührungsfreie) Verehrung des Kreuzes sowie die Großen Fürbitten in den Nöten von Kirche und Welt in unserer Zeit.
Wiederum endet die Liturgie offen: mit der Einladung beim Hl. Grab zu verweilen. – Die Möglichkeit zum Kommunionempfang am Karfreitag besteht beim Marienaltar.
Einen vollen Tag der Sabbatruhe mussten die Anhänger Jesu als gläubige Juden einhalten, ehe die Frauen frühmorgens zum Grab eilen konnten; und auch wir halten heuer den KARSAMSTAG gänzlich liturgiefrei; nur das Stundengebet wird auch heute verrichtet.
Im Dunkel der Nacht ist Christus auferstanden; im Dunkel der Nacht beginnen auch wir heuer versuchsweise die Feier der OSTERNACHT: Dem Osterfeuer übergeben wir so manches, das sich im Laufe des Jahres angesammelt hat und vom Neuanfang verzehrt werden soll; die neu entzündete Osterkerze erhellt den Kirchenraum, und das große Osterlob erklingt. Drei alttestamentliche Lesungen (Ex 14, Jes 55, Ez 36) stimmen uns ein auf das Unerhörte des Osterevangeliums: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden. – In der Taufe sind wir in den Tod Christi eingetaucht, um mit ihm aufzuerstehen: daran erinnert uns die Tauffeier. Bin ich bereit, die Versprechen, die bei meiner eigenen Taufe abgegeben wurden – ein Nein zum Bösen, ein Ja zum Glauben an Gott – zu erneuern? Immerhin ist dieser Glaube auch die Grundlage der Feier der Eucharistie, mit der wir im kirchlichen Alltag
anlangen: Ostern ist – doch nicht nur heute, nicht nur bis Pfingsten, sondern ein Leben lang.